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Foto: ideengruen.de_markus pichlmair

Nach dem Kohleausstieg ist vor dem Wasserproblem

Auch dieses Frühjahr war wieder sehr trocken. Auf Grund der Dürre vom letzten Jahr sind die Wasserreservoire noch lange nicht wieder aufgefüllt. Trotzdem wurde am 12. April mit großem Pomp die Flutung des Tagebaurestlochs im Osten von Cottbus gestartet. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit feierten Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), lokale Politprominenz und Führungspersonen des tschechischen Bergbauunternehmens LEAG unter sich. Kritik von Umweltschützer*innen und Grünen wurde ignoriert: So soll der zukünftige Cottbuser Ostsee zu etwa 80 Prozent aus Spreewasser gespeist werden. Doch am Tag der Flutung führte die Spree Niedrigwasser. Anfang April lag der tägliche Durchfluss der Spree bei Cottbus lediglich bei acht Kubikmeter pro Sekunde – normal wären etwa 12. Dennoch wurde an der Flutung festgehalten. Nach nur zwei Wochen war wie zu erwarten Schluss: Wasserstopp, weil keine Reserven vorhanden sind.

Irritierende Unstimmigkeiten gab es zudem mit Blick auf die Sulfatbelastung: In dem erst am Tag des Flutungsbeginns veröffentlichten Planfeststellungsbeschluss wurde festgelegt, dass aus dem Cottbuser Ostsee maximal 620 mg/l Sulfat ausgeleitet werden dürfen. Als Berechnungsgrundlage hierfür wurde eine maximal zulässige Jahresfracht an Sulfat von 9.900 Tonnen pro Jahr angegeben. Erstaunlich daran: Nur einen Tag zuvor hatte die LEAG in einem Blogbeitrag zur Höhe der Sulfat-Belastung erklärt, dass sie laut Planfeststellungsbeschluss für die Flutung des Cottbuser Ostsee nicht mehr als 6.000 Tonnen Fracht pro Jahr im Rahmen des Wasserhaushaltes aus dem Bergbausee ausleiten dürfe.

Das heißt: Die LEAG wird 3.900 Tonnen Sulfat weniger ausleiten als genehmigt. Unter diesen Umständen hätte die Bergbehörde auch einen wesentlich niedrigeren Sulfat-Grenzwert festlegen können. Genehmigt wurden 620 mg/l; machbar wären offenbar auch etwa 400 mg/l. Warum der LEAG stattdessen ein derartig großes Geschenk – zu Lasten der Wasserkund*innen von Berlin und Frankfurt (Oder) – gemacht wurde, ist nicht nachvollziehbar. Hohe Sulfateinträge in Brandenburger Gewässer sind eine direkte Folge des Braunkohlebergbaus in der Lausitz, die die Trinkwasserversorgung gefährden. Vor diesem Hintergrund hat jetzt die Stadt Frankfurt (Oder) zusammen mit ihrem kommunalen Wasserversorger Klage gegen die Flutung des Cottbuser Ostsees eingereicht. Für Trinkwasser gilt ein Grenzwert von 250 mg/l.

Dass das Wasser der Spree für alle Flutungsprojekte ausreichen wird, ist vor dem Hintergrund der Klimakrise und den Auswirkungen auf Brandenburg mehr als fraglich: Zusätzlich zum Ostsee und Seen, die derzeit in Verantwortung des Bergbausanierers LMBV geflutet werden, sollen auch bei den heute noch aktiven Tagebauen Jänschwalde und Welzow weitere Seen entstehen – alle gespeist aus Spreewasser. Unter diesen Voraussetzungen muss es eine Neubewertung geben: Wo ist es in welchem Umfang möglich, die geplanten Seen zu verkleinern und stattdessen Landfläche wiederherzustellen? Das hätte auch den Vorteil, dass weniger gigantische Verdunstungsflächen entstehen würden. Anstatt die Kohlegruben – kurzfristig billiger, aber mit Blick auf den Wasserhaushalt höchstproblematisch – mit Wasser zu füllen, müssen jetzt Alternativen geprüft werden.