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Benjamin Raschke spricht zu: Bürgerinnen und Bürger und Kommunen bei der Begleitung des Auswahlprozesses für ein Atommüll-Endlager unterstützen

- Es gilt das gesprochene Wort!

Frau Präsidentin, vielen Dank.

Sehr geehrte Gäste auch zu Hause an den Bildschirmen, werte Abgeordnete,

kennen Sie die Pyramiden von Gizeh?

Eine rhetorische Frage. Natürlich kennen Sie die Pyramiden. Sie haben Sie vielleicht jetzt sogar direkt vor Augen. Den Wüstensand. Die Pharaonen, die Kamele. Diese beeindruckenden Bauwerke haben sich fest in unser kollektives Gedächtnis eingebrannt.

Meine zweite Frage brauche ich gar nicht mehr zu stellen: Natürlich kennen Sie die katholische Kirche. Eine der ältesten Institutionen dieser Welt.

Die seit rund 2000 Jahren existiert. Sie hat Könige und Kaiser kommen und gehen sehen, Spaltungen überlebt, sich immer wieder neu erfunden. Und dennoch trägt sie eine Idee und ein ganzes Regelwerk hunderte von Jahren in sich.

Sie ahnen schon, worauf ich hinaus will: rund 2000 Jahre Kirche, über 4500 Jahre Pyramiden. Zwei der am längsten bestehenden Institutionen der Menschheit. Und dennoch ist ihr Bestehen nur ein Wimpernschlag gegenüber der Aufgabe, atomaren Müll sicher zu lagern.

Wenn wir ehrlich sind, dann haben wir als Menschheit noch kein wirkliches Konzept dafür, über Jahrhunderte, Jahrtausende, über 1 Million Jahre strahlenden Atommüll sicher zu verwahren. Dafür zu sorgen, dass er niemanden gefährdet – und niemanden ihn missbrauchen kann. Dass niemand – etwa weil das Wissen verloren gegangen ist – Siedlungen darauf errichtet, die dann völlig verseucht sind. Dass niemand – in sagen wir 300 Jahren – mit diesem Atommüll schmutzige Bomben baut, weil wir ihn nicht gut genug bewacht haben.

Ein überzeugendes Konzept dafür gibt es noch nicht, aber der erste Schritt ist klar: Wir brauchen einen Ort, an dem die atomaren Abfälle so sicher wie möglich lagern. Das, und nur das darf der Ausgangspunkt für eine Endlagersuche sein. Der erste Versuch, in Deutschland einen solchen Ort zu finden ist gründlich schief gegangen.

Ich bemühe mich hier mal um eine sachliche Darstellung und zitiere aus Wikipedia zum geplanten Endlager in Gorleben

"Die Standortentscheidung war (…) 1977 unter (…) Bundeskanzler Helmut Schmidt und der CDU-Landesregierung von Ministerpräsident Ernst Albrecht gefallen. Zuvor waren 140 Salzstöcke (..) betrachtet worden. Der Salzstock bei Gorleben wurde ausgewählt, ohne dass geologische Begründungen für die Errichtung (…) genannt worden wären. (…) Maßgeblich bei der Standortauswahl war stattdessen die geopolitische Randlage des dünn besiedelten Wendlandes im damaligen Zonenrandgebiet an der innerdeutschen Grenze.“

Wir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben jahrzehntelang erbittert gegen die Nutzung von Atomkraft und gegen den Standort Gorleben gestritten. In den Parlamenten.
Auf der Straße. In harten Auseinandersetzungen mit Staatsmacht. Den Moment, untergehakt mit Claudia Roth dort von der Polizei weggetragen zu werden werde ich wohl mein Leben nicht vergessen. Wir als Bündnisgrüne haben diese Technologie nie gewollt. Das dürfte ja hinlänglich bekannt sein. Aber die Atomenergie in Deutschland ist Geschichte, genau wie der falsche Standort Gorleben.

Jetzt heißt es, gemeinsam zu der Verantwortung zu stehen. Und den Fehler nicht zu wiederholen.

Damit bin ich jetzt konkret bei ihrem Antrag, liebe Linke: Wir teilen einige wichtige Forderungen, etwa die nach mehr Beteiligung. Es ist kein Geheimnis, dass das zuständige Ministerium mit Corona und Tierseuchen schon gut ausgelastet ist. Dennoch muss und wird es seine Anstrengungen noch weiter verstärken. Ebenso richtig ist, dass wir nichts übers Knie brechen müssen - Wir suchen eine Lösung für 1 Mio. Jahre - da könnten wir auch noch ein paar Monate warten, bis die Fachkonferenzen wieder in Präsenz stattfinden. Aber: In Ihren Antrag hat sich etwas eingeschlichen. Etwas, dass auch bei anderen Parteien verbreitet ist – wir haben es ja eben gehört - etwas, vor dem, seien wir ehrlich, wir alle nicht gefeit sind: Es hat sich der Grundfehler eingeschlichen, doch wieder politische Kriterien für die Standortauswahl in die Debatte zu bringen.

Schauen wir in Ihren Antrag, auch wenn Sie versuchen, es mit relativierenden Sätzen wieder einzufangen: Ja, andere Regionen Deutschland haben mehr von der Atomenergie profitiert als Brandenburg mit dem AKW in Rheinsberg. Und ja, wir hier sind von den Folgen der Braunkohle härter getroffen als andere. Aber nochmal: Wir haben die Aufgabe, eine Lösung zu finden, die länger besteht als die katholische Kirche, die älter wird als die Pyramiden. Dafür brauchen wir Akzeptanz und vor allem den geologisch besten – am wenigsten schlechten – Standort.

Was wir nicht tun dürfen, ist beides gegeneinander ausspielen. Denn allein das in Spiel zu bringen – und sei es auch noch so relativiert, lieber Kollege Domres – birgt Gefahren; wohin das führt, hat Kollege Zeschmann leider gerade deutlich illustriert. Wir müssen verhindern, dass solche Kriterien überhaupt wieder im Spiel sind oder ins Gespräch kommen. Deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab.

Vielen Dank!