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Rede im Landtag: Kita-, Hort- und Schulverpflegung sichern

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitmenschen in Brandenburg,

in ihrem Antrag heißt es: jedes Kind, jeder Jugendliche soll die gleichen Chancen auf gesunde Entwicklung erhalten. Dazu gehört eine vollwertige, abwechslungsreiche Verpflegung.

Diese Sätze unterschreibe ich sofort. Genau das ist das Ziel. Und ja, ein Kriterium dafür, dass möglichst viele Kinder und Jugendliche an der Gemeinschaftsverpflegung teilnehmen, ist ohne Frage der Preis, den Eltern dafür zu zahlen haben. Nun soll das Land deckeln. Bei 2 Euro pro Person. Mal ganz abgesehen davon, dass sich mir nicht erschließt, wie Sie auf diese Summe kommen, klar ist, dass nicht das Land die Preise festlegt. Das machen die Träger der Einrichtungen. Sie sollen, so ist es formuliert, einen „angemessenen“ Preis fordern. Spätestens an dieser Stelle wird es kompliziert. Was genau ist das? Und woran orientiert sich dieser Preis? Zu allem Übel kommt hinzu, dass die tatsächlich vielerorts avisierten Preiserhöhungen mit dem zu tun haben, worunter alle leiden: gestiegenen Preisen für die Caterer. Davon und den unter Umständen drohenden Insolvenzen berichteten Caterer erst kürzlich bei einem Fachgespräch im Ausschuss. Die, die kochen und die, die das Essen ihrer Kinder bezahlen müssen, befinden sich also wirklich in einer ziemlich ernsten Situation. Soweit, so unstrittig. Und nun die Frage, wie sorgt man unter diesen Umständen für vollwertige, abwechslungsreiche Ernährung. Ich finde, es gilt zunächst mal nüchtern Fakten zusammen zu tragen.

1. Sie wissen so gut wie ich, dass Menschen im Hilfebezug ohnehin nichts bezahlen müssen. Schwierig ist es für alle, die mal eben gerade so drüber liegen mit ihren Einkommen. All diese Eltern müssen unbedingt aufgeklärt werden, welche Hilfen es ohnehin schon gibt. Die Menschen unbedingt nutzen sollten. Bei meinen Gesprächen mit Eltern fällt mir auf, dass viele überhaupt nicht wissen, was ihnen möglicherweise zusteht. Kinderzuschlag zum Beispiel.

2. Sind die Preise durchaus unterschiedlich in Brandenburg, die Eltern zahlen fürs Essen. Und offenbar laufen alle unter dem label „angemessen“, denn das müssen sie sein laut Gesetz. Sind sie das wirklich? Ich würde wetten, dass manch vergleichsweise teure Portion Mittag von Kindern nur gegessen wird, weil halt Mittag ist und der Hunger deutlich. Bei den Jugendlichen melden sich erschütternd viele ab von der Gemeinschaftsverpflegung. Weils nicht schmeckt. Offenbar eine alte Strategie, die schon meine Kinder drauf hatten. Es hat gedauert, bis ich bemerkt habe, dass das Essengeld im Kiosk neben der Schule landete. Ich hab´s aber verstanden, denn der Nudelquader, der da hin und wieder auf dem Teller landete, den hätte ich auch abgewählt. Also, zwischen Preis und Qualität klaffen durchaus manche Lücken. Und die werden nicht geschlossen, wenn das Land den Preis mal eben deckelt.

Wenn´s dumm läuft, und dafür spricht Einiges, müssten kontinuierlich immer höhere Summen zugeschossen werden, weil die Caterer vermutlich mit immer wieder ansteigenden Preisen zu kämpfen haben.

Es muss uns um wirklich nachhaltige, also auch dauerhafte Veränderungen gehen bei Gemeinschaftsverpflegung, um eine wirkliche Strategie. Dem kommt der zweite Punkt in ihrem Antrag ziemlich nahe. Nur, die muss nicht in Auftrag gegeben werden, die ist erarbeitet. Zum ersten Mal gibt es nun eine Ernährungsstrategie. Die demnächst vorgestellt werden wird und im Dialog mit ganz vielen Partnerinnen und Partner im Land entstanden ist. Zu der natürlich viel mehr gehört, aber eben auch, und darum geht es in diesem Moment, die Gemeinschaftsverpflegung. Die Ernährungsstrategie versetzt uns endlich in die Lage, bei Gemeinschaftsverpflegung, nicht nur über den Preis zu reden, sondern über Standards, die Qualität im oben beschriebenen Sinne ermöglichen. Beispiel: Solange nicht mal die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung grundlegender Standard sind, ist alleiniges Reden über Preise nicht zielführend.

Was so theoretisch und blutleer klingt, hat Auswirkungen im richtigen, echten Leben von Menschen, die an Gemeinschaftsverpflegung teilnehmen. Und das sind sehr wohl Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene: Patientinnen und Patienten in Kliniken, Seniorinnen und Senioren in Pflegeeinrichtungen, Studierende, die in Mensen Mittag essen und so weiter.

Gerade angesichts der vielen Krisen, die ja nicht einfach so weggehen, ist es hohe Zeit, Dinge zu tun, die uns nicht immer wieder wie Kaninchen auf die Schlange, also auf steigende Kosten starren lassen, die zur Kenntnis zu nehmen und zu bezahlen – oder eben auch nicht. Sondern zu schauen, wie bekommt man gesundes Essen, gekocht mit regionalen, saisonalen Produkten in die Gemeinschaftseinrichtungen, dass auch noch schmeckt!

Ich erinnere nochmal an das Fachgespräch im Ausschuss:

Ja, sicher müssen wir Caterer kurzfristig entlasten. Das hat der Vertreter sehr deutlich gemacht. Und dann müssen wir aber ran an Prozesse. Alle waren sehr beeindruckt vom Prinzip der Kantine Zukunft in Berlin. Die gehen in Gemeinschaftsküchen, ob groß oder klein. Schauen sich die Gegebenheiten und das Budget an und stellen Speisepläne um. MIT denen, die dort arbeiten. Kurz gesagt: es wird zusammen gekocht, Rezepte werden ausprobiert und INNERHALB des Budgets wird dann kalkuliert. Es wird der Beweis angetreten, dass gesundes, faires, regionales Essen eben NICHT heißt, dass alles teurer werden muss. Ein großartiger Ansatz.

Ganz praktischer Ansatz ebenfalls: Übungsküchen in Schulen und Kitas, in denen noch selbst gekocht wird. Ausprobieren und selber machen war schon immer der beste Weg.

Kurz und knapp: Teil 1 Ihres Antrags springt zu kurz. Teil 2 ist da und muss nun umgesetzt werden.

Ihren Antrag bitte ich abzulehnen.

Weiterführende Informationen

Rede zu: Antrag "Kita-, Hort- und Schulverpflegung sichern - sofort Deckel drauf!" (TOP 13 der 74. Plenarsitzung)