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Michael Jungclaus spricht zum Antrag der AfD-Fraktion „Strompreisbremse einführen – unsoziale Umverteilung von „unten nach oben“ stoppen“

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Verehrte Gäste! Ich mache mit den Wahlprogrammen gleich weiter, und zwar auf Bundesebene:

„Die weit verbreitete Verschwendung von Steuergeldern muss endlich mit abschreckenden Sanktionen, wie Geldbußen bis hin zu Freiheitsstrafen, belegt werden.“

Das steht in der politischen Leitlinie der AfD „Mut zur Wahrheit“. Umso verwunderlicher, dass ihre Abgeordneten im Parlament Anträge auf sinnlose Steuerverschwendung stellen und damit gemäß ihrer eigenen Forderung sogar Freiheitsstrafen in Kauf nehmen.

(Beifall B90/GRÜNE, SPD sowie vereinzelt CDU)

Der Antrag zielt darauf ab, Steuergelder dazu zu nutzen, die Stromrechnungen von Privathaushalten zu subventionieren - keinesfalls nur für die Schwachen und Bedürftigen, wie Sie hier suggeriert haben, sondern mit der Gießkanne für alle Privathaushalte. So sollen denjenigen die höchsten Subventionen zuteilwerden, die am meisten Strom verbrauchen. Stromsparer sollen also mit Steuergeld Transferleistungen an Stromverschwender subventionieren: ein komplett naiver Vorschlag, der eine soziale Umverteilung von unten nach oben befördert und nicht etwa stoppt.

Aber in Wahrheit geht es der AfD ja auch gar nicht um Gerechtigkeit auf der Stromrechnung, sondern um eine Diffamierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Sie unterstellt dem Gesetz fälschlicherweise, es sei für hohe Strompreise und eine soziale Schieflage verantwortlich. Es ist genau umgekehrt: Das Erneuerbare-Energien-Gesetz hat dem Oligopol vier großer deutscher Stromkonzerne Millionen kleiner Bürgerenergieanlagen entgegengestellt. Die Anlagenbetreiber investieren freiwillig in lokalen Klimaschutz. Sie haben erreicht, dass die Gewinne aus der Stromerzeugung nicht mehr nur in die Taschen der Aktionäre fließen, sondern auch bei den lokalen Akteuren verbleiben.

(Beifall B90/GRÜNE)

Indem die AfD Neid auf die Besitzer von Solar- und Windenergieanlagen befördert, will sie die Akzeptanz der Energiewende untergraben und die Besitzstände der großen Energieversorger schützen. Sowohl die EEG-Umlage als auch die Netznutzungsabgabe könnten in Brandenburg deutlich sinken, wenn sie gerecht auf alle Stromverbraucher verteilt würden.

(Beifall B90/GRÜNE sowie der Abgeordneten Domres und Christoffers [DIE LINKE])

Bei der EEG-Umlage würde das eine Entlastung von bis zu 1,4 Cent pro Kilowattstunde bedeuten, und ein einheitliches Netznutzungsentgelt würde die Brandenburger Stromverbraucher laut einer Studie des Leipziger Instituts für Energie um 2,18 Cent pro Kilowattstunde entlasten. Das wäre eine weit größere Entlastung als das, was die AfD vorgeschlagen hat, ohne dass ein einziger Cent an Steuergeld aufgebracht werden müsste.

Leider war die Landesregierung in ihrem Bemühen, ein einheitliches Netznutzungsentgelt auf Bundesebene durchzusetzen, nicht erfolgreich - wohl auch deshalb, weil sich die Vorgängerregierung erhoffte, dass sich die Brandenburger Netzentgelte mittelfristig wieder normalisieren würden.

(Zuruf von der Regierungsbank: Und weil die Grünen in anderen Bundesländern auf der Bremse stehen!)

Aber die AfD versucht nicht nur, die Errungenschaften der Energiewende schlechtzureden; der Antrag soll auch davon ablenken, welche gefährliche Kostenlawine auf uns zurollt, weil die Kosten der atomaren und fossilen Energiewirtschaft jahrzehntelang verschleiert wurden. Der Bund möchte sich aus der Sanierung der Bergbaufolgelandschaften zurückziehen. Die Rücklagen von Vattenfall reichen schon jetzt nicht aus, um die Spree und das Trinkwasser vor Eisensulfat und Verockerung zu schützen. Die Sanierungskosten bleiben auch am Brandenburger Steuerzahler hängen, genau wie die Kosten für die atomare Endlagerung. Leider haben Sie zu diesen Zahlen nichts gesagt. Vielleicht können Sie das im zweiten Teil nachreichen.

Alles, was der AfD dazu einfällt, ist, weiter auf Atom und Kohle zu setzen und Stromrechnungen mit Steuergeld zu finanzieren. Was kommt als Nächstes? Bei steigenden Benzin- und Bierpreisen Anträge zu steuerfinanzierten Tankgutscheinen und Freibier? Natürlich nutzen Sie Ihren Antrag auch gleich, um das Märchen zu verbreiten, dass die Rolle des Menschen beim Klimawandel nicht feststehe. Das Gegenteil ist der Fall. Der Klimawandel ist deutlich spürbar. Auch 2015 war ein Rekordjahr: das wärmste Jahr seit der Wetteraufzeichnung.

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz und die Energiewende sind das weltweite Erfolgsmodell dagegen. Die Abhängigkeit von Ölscheichs und Oligarchen sinkt, die Einnahmen aus der Stromerzeugung bleiben im Land. Das Ziel der Weltgemeinschaft, die Klimaerwärmung zu stoppen, ist durch den Erfolg der erneuerbaren Energien zu einer realistischen Option geworden. Klimaschutz bedeutet wirtschaftliche Entwicklung und Wohlstand. Wer sich wie Sie dagegenstellt, riskiert sowohl ein ökologisches als auch ein wirtschaftliches Desaster. Dieser Antrag ist daher absolut entbehrlich. - Vielen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE sowie der Abgeordneten Domres [DIE LINKE] und Lüttmann [SPD])