- Es gilt das gesprochene Wort!
Anrede!
„Gute Arbeit auch in der Pflege“, das sollte eigentlich selbstverständlich sein. Aber Arbeit in der Pflege, das ist ein Teufelskreis aus unbesetzten Stellen, hohem Arbeitsaufkommen, Zeitdruck, eher schwacher Vergütung und hoher physischer und psychischer Belastung. Bei diesem Befund wäre es treffender zu fordern: „Mehr Pflege für die Pflege!“.
Pflegekräfte sind das Rückgrat unseres Gesundheitswesens: Sie stellen die größte Gruppe innerhalb der Gesundheitsberufe dar, ihre Arbeit ist unverzichtbar, sie sind sehr gut ausgebildete Fachleute. Die Leitlinien ihres beruflichen Handelns basieren schon lange auf wissenschaftlichen Ergebnissen. Trotzdem können sie ihre Interessen lange nicht so selbstbewusst und gleichberechtigt vertreten wie andere Heilberufe. Wie Kranken- oder Altenpfleger*innen arbeiten sollen, das bestimmen heute vor allem die Träger der Einrichtungen, die Kassen und fremde Verbände. Alles über die Köpfe der Beschäftigten hinweg, ihre Expertise findet auch kaum Eingang in politische Steuerungsprozesse. Das wird einerseits der Bedeutsamkeit der Pflegeberufe nicht gerecht. Andererseits verschenken wir durch die Nichtbeachtung der Perspektiven der Pflegenden wertvolle Lösungsansätze, die die Attraktivität des Berufes steigern und die Arbeitsbedingungen zu verbessern könnten.
Eine einfache Möglichkeit auf Landesebene, um den Pfleger*innen mehr Mitbestimmung einzuräumen, ist die Einrichtung einer Pflegekammer. Die Kammer vertritt die Belange der beruflich Pflegenden in der Politik, in den Gremien der Selbstverwaltung, bei Behörden und vor Gericht. Die Landesregierung will bereits seit zwei Jahren eine Befragung zur Akzeptanz einer Pflegekammer entwickeln. Geschehen ist bisher wenig. Ärgerlich ist das, und eine Missachtung des Mitspracherechts der Pfleger*innen. Ein ähnlich blinder Fleck befindet sich im gemeinsamen Landesgremium nach § 90a SGB V. Da kriegt hier im Land die professionelle Pflege keine ständige Mitgliedschaft. Dabei spielt das Gremium eine so wichtige Rolle bei der zukunftsfesten Gestaltung der Gesundheitsversorgung, zum Beispiel mit Vorschlägen zur sektorübergreifenden Versorgung. Wie ist die denn ohne den Einbezug der Pflege überhaupt vorstellbar? Und welchen Stellenwert hat die Pflege im Gremium, wenn ihre einzige Vertreterin lediglich ein Mitberatungsrecht hat? Vielleicht kann die Ministerin kurz erläutern, wie das zur Stoßrichtung der heutigen Aktuellen Stunde passt.
Der dramatische Fachkräftebedarf wird zu Recht im Antrag aufgegriffen, wie auch die Frage nach einer angemessenen Vergütung. Wir finden auch: Pflegekräfte brauchen eine gute Bezahlung. Vergütung ist jedoch erstmal grundsätzlich Sache der Tarifpartner. Umso enttäuschender, dass sich in diesem Fall ver.di und die LIGA der freien Wohlfahrtsverbände nicht auf gemeinsame Standards für eine gute Bezahlung der Pflegenden im Land einigen konnten.
Und auch die Bundesregierung bringt trotz ihrer regen Aktivität bei den Pflegestärkungsgesetzen keine wirksamen Maßnahmen für gute Arbeit in der Pflege auf die Bahn. Sie versagt bei der Reform der Pflegeausbildung und hat keine Ideen, die die prekäre Personalsituation in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern nachhaltig lösen könnten. Daher können wir nur loben, dass die Landesregierung einen Schwerpunkt der Pflegeoffensive auf das Modellprojekt „Innovative Personaleinsatz- und Personalentwicklungskonzepte“ gelegt hat und die Ausbildung in der Altenpflegehilfe strukturell stärkt.
Gute Arbeit in der Pflege, das geht für uns nur zusammen mit mehr Mitspracherechten für Pfleger*innen, und da kann das Land noch einiges tun.