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Bohrschlamm aus Erdgasförderung: 400 Verdachtsflächen in Brandenburg

(Nr. 33) In Brandenburg sollen sich etwa 400 'Verdachtsflächen' befinden, auf denen zu DDR-Zeiten bei der Förderung von Erdgas Bohrschlamm abgelagert worden sein könnte. Das geht aus der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage (pdf-Datei) der bündnisgrünen Landtagsabgeordneten HEIDE SCHINOWSKY und BENJAMIN RASCHKE hervor. Viele ehemalige Bohrschlammgruben seien damals einfach abgedeckt oder 'in weitere, z.B. landwirtschaftliche, Nutzungen integriert' worden. Eine standortgenaue Aufzeichnung über Lage, Volumen und Inhalt der Bohrschlammgruben wurde im Regelfall nicht geführt. Der Antwort der Landesregierung zufolge liegen nur für elf Bohrschlammgruben Untersuchungsergebnisse vor, die allerdings geheim gehalten werden. „Eine Veröffentlichung ist aus datenschutzrechtlichen Gründen aufgrund des Grundstücksbezuges nicht vorgesehen“, antwortete die Landesregierung.

„Das Land darf die Hände nicht in den Schoß legen und muss alle 400 Verdachtsfälle untersuchen lassen. Wir fordern die Aufstellung eines Zeitplans zur Sanierung belasteter Bohrschlammgruben und eine Kostenabschätzung“, sagte die bergbaupolitische Sprecherin der bündnisgrünen Landtagsfraktion HEIDE SCHINOWSKY. Laut einer Mitte Februar 2016 veröffentlichten Karte befinden sich in allen Landkreisen und kreisfreien Städten „Erdöl-Erdgasbohrpunkte“ - bis auf Elbe-Elster. „Die Anwohner haben ein Anrecht zu wissen, ob vor ihrer Haustür ein Chemiecocktail im Boden schlummert“, sagte der umweltpolitische Sprecher der Fraktion BENJAMIN RASCHKE.

Unklar ist, wie hoch und mit welchen Stoffen die Bohrschlammgruben kontaminiert sind. „Das Spektrum der untersuchten Stoffe ist äußerst umfangreich und standortbezogen differenziert; eine pauschale Antwort dazu ist nicht möglich“, kommentiert die Landesregierung lapidar. Bohrschlamm kann zum Beispiel krebserregende polyzyklische, aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), aber auch giftige Schwermetalle, wie Quecksilber und Arsen enthalten. „Vorfälle wie in Sachsen-Anhalt darf es bei uns nicht geben. Ich erwartet, dass das Ministerium dafür Vorsorge trifft“, sagt RASCHKE. In der Bohrschlammdeponie von Engie bei Brüchau im Altmarkkreis Salzwedel sickerte ein hochgiftiger Cocktail ins Grundwasser, weil die Grube undicht war.

Anders als bei Bohrschlammgruben in den westlichen Bundesländern ist der Verursacher auf dem Gebiet der ehemaligen DDR weitgehend geklärt. Grundsätzlich gab es mit dem VEB Erdöl-Erdgas Gommern nur ein Staatsunternehmen, das Erdgas förderte und Gruben anlegte.

Rechtsnachfolger der VEB Erdöl-Erdgas Gommern ist die heutige ENGIE E&P Deutschland GmbH. Der damals noch als Gaz de France (GDF) firmierende Konzern kaufte mit dem Unternehmen Erdöl-Erdgas Gommern das gesamte Portfolio der ostdeutschen Erdgasindustrie auf. Inwiefern allerdings die Bohrungsaltlasten auch Bestandteile der Betriebsnachfolge sind, wird versucht in seit 2009 andauernden Gerichtsverfahren zu klären. ENGIE E&P Deutschland GmbH ist eine Tochter des weltweit agierenden französischen Energiekonzerns Engie SA (vormals GDF/Suez).

Eine zeitnahe Lösung scheint nicht in Sicht. „Im derzeit laufenden Versuch einer außergerichtlichen Klärung stehen dabei nicht die Bohrschlammgruben zur Entscheidung, sondern die Verwahrungs- und Sicherungsanforderungen der alten Tiefbohrungen“, heißt es in der Antwort der Landesregierung. Entsprechend werde es für die Bohrschlammgruben weiterhin keine abschließende Klärung geben, so die Landesregierung.

>> Die Kleine Anfrage und Antwort der Landesregierung (pdf-Datei)