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Carla Kniestedt sprich zu: Krankenhäuser in der Pandemie jetzt stärken!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitmenschen in Brandenburg,

wo fange ich an, wo höre ich auf. Das ist einigermaßen kompliziert. Denn es geht um viel. Mir liegt eines besonders am Herzen. Die medizinische Versorgung in diesem Land. Der Erhalt aller Krankenhausstandorte in Brandenburg.

Ich erinnere daran, als wir in diesem Hause über das Infektionsschutzgesetz sprachen, debattierten wir über alle möglichen wichtigen Gesichtspunkte. Es gab nur eine Frau, die einen großen Teil ihrer Rede einem Bereich widmete, der wohl Bestandteil des Gesetzes, aber an dem Tag nicht so wirklich von überboardenden Interesse war: die Situation der Krankenhäuser im Land.

Ursula Nonnemacher war es, die warnte: Die kleinen Häuser, die nicht in die Kategorisierung des Bundes für unterstützungswürdige Krankenhäuser fallen, drohen auf der Kippe zu stehen. Sie müssen alle Hygieneregeln einhalten, strenge natürlich, sie können alle nicht so viele Betten belegen, wie vorhanden. Sie haben also drastische Einbußen zu verzeichnen. Nur Krankenhäuser, die ganz bestimmte Kriterien erfüllen, zum Beispiel eine genau definierte Anzahl von Corona-PatientInnen, haben Anspruch. Das war damals schon ein Problem. Zumal sich die Krankenhäuser des Landes wechselseitig in einem Netzwerk unterstützten. Und das aussortieren wie bei Aschenputtel am richtigen Leben vorbei geht. Es gibt eben nicht die Guten, die ins Töpfchen greifen dürfen und die Schlechten, die nichts abbekommen. Solidarität der Häuser, ob groß oder klein, würde auf solche Weise bestraft werden. Ein Problem, dass alle Länder haben, die nicht so dicht besiedelt sind, die aber in der Fläche die Grundversorgung aller Menschen anbieten und vor allem aufrecht erhalten möchten. Wir haben vor Monaten schon einmal darüber geredet, wenn Sie sich erinnern. Und es gab eine Verlängerung der Ausgleichszahlungen für eine gewisse Zeit. Jetzt aber wird es wirklich eng. Möglicherweise, ich möchte mal was Positives annehmen, dachte der Bund, in 2021 wird wieder alles gut sein. Ein, wie wir auf allen Ebenen feststellen, extrem blauäugiger Gedanke. Die Pandemie ist nicht vorbei. Die Krankenhäuser brauchen Unterstützung. Was Brandenburg aus eigener Kraft tun kann, ist getan worden. Nun muss der Bund ran und verstehen, worum es geht. Es wäre sträflich, nicht zu helfen. Nachdem wir unseren Antrag abgestimmt hatten, kam doch tatsächlich aus dem Bundesgesundheitsministerium das Signal, dass man wohl doch irgendwie weiter finanzieren muss. Kein Grund, sich entspannt zurück zu lehnen. Denn es ist festzustellen: so richtig Genaues weiß man noch nicht. Es sind Versprechen, Überlegungen, Ankündigungen, die noch nicht in Sack und Tüten sind. Deshalb bitte ich dringend um die Zustimmung zu unserem Antrag. Ein Wort noch zu dem der LINKE. Über weite Strecken identisch, würde ich sagen. Was mich freut. Die Einschätzung der Situation deckt sich mit unserer. Die Zahlen sind identisch. Es gibt nur einen Unterschied. Sie wollen gleich sämtliche Themen unterbringen, die in irgendeiner Weise mit der Finanzierung von Krankenhäusern in der Zukunft zu tun haben. Wichtiges Thema, ohne Frage. Darüber muss dringend diskutiert und nachgedacht werden. Da bin ich ganz und gar bei Ihnen. Nur: jetzt geht es genau um das, was im Infektionsschutzgesetz geregelt wird – oder, wenn der Druck nicht aufgebaut wird , eben nicht. Die Ausgleichszahlungen IN der Krise, die anhält, wie wir alle bemerken. Das ist das Thema.

Seit mehr als einem Jahr erleben, ja erdulden wir etwas, das wir bis dahin wahlweise aus den Fernen der Vergangenheit vom hörensagen kannten – die Pest, die Pocken, die spanische Grippe -, oder aber aus weit entfernten Gegenden irgendwie via Bildschirm zu uns drang – aber nicht eigentlich betraf. Einzige Ausnahme: HIV. Da wurden auch wir getroffen. Aber lange konnten sich viele Menschen einreden, dass das mit ihnen selbst nichts zu tun hat. Es gibt noch heute einige, die das so sehen.

Wahr ist, dass wir nicht vorbereitet waren auf eine solche Situation. Alle nicht. Obwohl wir vorbereitet hätten sein können. Ich zitiere: „Das Ereignis beginnt im Februar in Asien, wird dort allerdings erst einige Wochen später in seiner Dimension erkannt. Im April tritt der erste Fall in Deutschland auf. Der Erreger stammt aus Südostasien, wo der bei Wildtieren vorkommende Erreger über Märkte auf den Menschen übertragen wurde.“ Und weiter: „Es ist solange mit Neuerkrankungen zu rechnen, bis ein Impfstoff verfügbar ist…..Die Ausbreitung wird durch den Einsatz verschiedener Maßnahmen verlangsamt, etwa Quarantäne, Schulschließungen, Absagen von Veranstaltungen, Hygienemaßnahmen….“. Ende der Zitate.

Ich komme an dieser Stelle noch mal auf den Satz zurück mit den Prognosen, die schwierig sind in Bezug auf die Zukunft. Diese Sätze, die ich Ihnen gerade vorgetragen habe, stammen aus der Risikoanalyse aus dem Jahr 2012. Ich habe schon vor längerer Zeit an dieser Stelle schon mal Bezug genommen auf dieses Papier. Wir haben beinahe 1:1 erlebt, was damals Theorie schien. Allerdings ist nicht grundlos diese Risikoanalyse exakt mit diesem Szenario entwickelt worden – federführend bearbeitet übrigens vom Robert-Koch-Institut. Es war und,wie wir nun wissen, ist eine ziemlich wahrscheinliche Möglichkeit.

Als das Virus über uns kam, durften alle erstmal kurz erstarren, brauchten wir alle Zeit, um zu begreifen. Und eines muss man sagen: der lockdown des Jahres 2020 war schlimm, war enorm anstrengend. Aber doch einigermaßen erfolgreich. Und wir haben, das ist schon angesprochen worden, ungeheuer viel gelernt.

Aber offenbar noch nicht genug. Wir waren gewarnt, was den Herbst und den Winter betrifft. Haben wir die Warnung ernst genommen? Fanden wir nicht irgendwie die Leute etwas lästig, die uns im schönsten Sommer sagten, da wird eine 2. Welle kommen? Das war doch für einige Wochen sowas von unvorstellbar. Es gab sie, die warnenden Stimmen. In der Wissenschaft vor allem. Und ich glaube, wir haben Fehler gemacht. In der dringend nötigen, schwierigen Abwägung zwischen sozialen, wirtschaftlichen, gesundheitlichen, emotionalen Folgen haben wir, so scheint es mir, zu oft zu schnell gelockert. Zu spät konsequent reagiert. Häufig genug halbherzig. Das vor allem macht Menschen mürbe.

Und dann der Impfstoff. Der in irre kurzer Zeit entwickelt wurde. Mehrere weltweit. Und auch da: Große Hoffnungen geweckt, die im Grundsatz ja stimmen, jedenfalls was die Wirksamkeit und den daraus folgenden Schutz betrifft. Aber zu wenig Impfstoff führt zu großer, berechtigter Unzufriedenheit. Denn der eigentlich nicht wirklich zu entschuldigende Mangel an dieser Stelle traf auf Menschen, die so voller Sehnsucht auf Erleichterung hofften. Auf wieder mögliche gefahrlose Besuche bei Eltern und Freunden, auf das loswerden der Angst schwerer und schwerster Verläufe und so vieles mehr.

Wir waren im gesamten Land wegen des Mangels sehr mit Planen beschäftigt. Ich kenne mich als DDR-Geborene aus mit Mangel, das können Sie mir glauben. Das macht alles ungeheuer schwer. Durchorganisieren ist ne feine Sache, wenn man Zeit hat, alle vorgesehenen bürokratischen Schritte ausführlich zu debattieren. Hatten wir aber nicht. Und föderale Strukturen machen die Sache nicht eben leichter. Weswegen in der besagten Analyse geschrieben steht: Roter Faden bei der Bewältigung solcher Großschadensereignisse ist der Gedanke einer gemeinsamen Verantwortung von Bund und Ländern. Und ergo gemeinsamer Entscheidungen.

Fehleranalyse muss sein. Ausführlich und ehrlich. Wenn wir halbwegs Licht sehen.

Jetzt kann es nur darum gehen, schnell zu sein. Endlich schnell zu sein.

Beispiel Impfen. Liebe LINKE, sie wollen die Impf- und Teststrategie anpassen. Es wird Sie möglicherweise unvorbereitet treffen: aber genau das passiert mehr oder weniger andauernd. Unvollkommen, zu langsam, ja. Aber, auch wenn ich es selbst fast nicht mehr hören kann, bleibt es doch wahr: Es muss, um in allen Strukturen impfen zu lassen, hinreichend viel Impfstoff da sein. Und weil die Situation so angespannt ist, wie sie nun mal ist, finde ich Genauigkeit enorm wichtig: sie schreiben, das Land BB würde nach wir vor einen der letzten Plätze belegen, was die Impfquote betrifft. Nebenbei bemerkt, nach wie vor finde ich diese Art von Wettkampf einfach unpassend. Aber gut, alle machen offenbar mit. Dann nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass das nicht mehr so ist. Die Goldmedaille ist noch ein Stück weg, aber die Rote Laterne ist es auch.

Zu den Hausarztpraxen. Die, ich wiederhole mich, immer vorgesehen waren. Natürlich. Aber, siehe oben, der Mangel. Und offenbar gibt es auch unter Hausärzten sehr unterschiedliche Beurteilungen der Lage. Dirk Heinrich zum Beispiel, Bundesvorsitzender des Virchow-Bundes und Leiter des Hamburger Impfzentrums sagte kürzlich in einem Interview zu Thema: Ich finde diese Diskussion etwas absurd. Es wurde um Geschwindigkeit mit einem Impfstoff gestritten, den es nicht ausreichend gibt. Wenn die Impfzentren nicht mal ausgelastet sind, kann ich nicht mehr Impfstellen ausrufen. Damit vermehrt sich der Impfstoff nicht. So Dirk Heinrich. Und inzwischen sind in BB etwa 100 Arztpraxen beim impfen dabei. Wie anderswo auch.

Und zur, wie Sie schreiben, knappen Ressource Medizinerin und Mediziner: ja, das ist so. Aber wie Sie wissen, werden bereits Ärztinnen und Ärzte, vor allem auch für die mobilen Teams verpflichtet, die bereits im Ruhestand sind. Und, das schreiben Sie nicht, aber ich werfe das mal in die Debatte: Im Impfzentrum, darüber könnte man ja mal nachdenken, braucht es eigentlich nicht zwingend an jeder Impfstraße einen Herrn oder eine Frau Doktor. ÄrztInnen müssen die Aufklärungsgespräche führen, ja, aber impfen dürfen und können auch examinierte Krankenschwestern. Nur mal so nebenbei….

Ihr Antrag fasst alles zusammen, was ohnehin geplant ist, wie Sie wissen. Wir alle können noch so viel Papier beschreiben, worum es einzig und allein geht: Impfen, impfen, impfen. Weshalb ich davon ausgehe , dass an allen Tagen, auch an denen zwischen dem 1. und dem 5. April, weiter geimpft wird in den Impfzentren.

Neben dem Impfen wichtigstes Element: Testen. Ich gehe davon aus, dass Schulen und Kitas sehr schnell augestattet werden mit Selbsttests, die auch wirklich selbst und schnell absolviert werden können. Weil davon ganz entscheidend abhängt, dass Schulen und Kitas offen sein können. Und nicht permanent die Gefahr droht, dass ein Ausbruch übersehen wird.

Ich gehe davon aus, dass die Lehrerinnen und Lehrer, Erziehrinnen und Erzieher gezeigt bekommen, wie das testen geht, um sie sicher zu machen und die Angst zu verlieren.

Ich gehe davon aus, dass nicht nur gebeten wird, in Unternehmen die Mitarbeitenden zu testen, um für Sicherheit zu sorgen.

Und natürlich ganz unstrittig wichtig: elektronische Kontaktverfolgung. Unbedingt. An dieser Stelle, liebe LINKE, habe ich einen sagen wir mal, Weg der Erkenntnis, hinter mir, der Ihrem sehr ähnlich ist. Ich versuche mal zu erklären, wie ich das meine. Ihr ursprünglicher Antrag bezieht sich ausschließlich auf LUCA als die Retterin in der Not. Vor Wochen, da war sie noch nicht mal in aller Munde, habe ich mich damit befasst. Als Arbeitgeberin, die auch für ihre Mitarbeiterinnen eine Perspektive sucht, die sich vorbereiten möchte. Die ursprünglich mal dachte die Corona-Warn-app, die mit lautem Getöse angekündigte, würde das leisten, was ich erhoffte. Wie 26 Millionen anderer Menschen in diesem Land stellte ich fest, nein, das was wir erhofften, bringt sie nicht. Und dann kam Luca. Ungeheuer gut plaziert, verständlich, vorgestellt von Leuten, die ich als tatkräftig, unkonventionell, zielorientiert erlebte. Der Rostocker Oberbürgermeister gehört dazu. Und ich dachte, das ist es. So wie Sie in ihrem Ursprungsantrag. Und ja, wir sind alle dicht beieinander, es muss eine elektronische Variante geben, natürlich. Und dann kam gestern der Neudruck. Da sprechen Sie nicht mehr so eindeutig von Luca als einzigem Retter in großer Not. Jedenfalls vordergründig nicht. Sondern von EINER elektronischen Variante. Da Sie aber in ihrem letzten Satz von der Kompatibilität mit Berlin reden, die wichtig wäre, sind wir doch wieder bei Luca. Denn Berlin hat sich dafür entschieden, wie Sie wissen. Der Antrag ist nicht nötig, denn BB ist dabei zu tun was notwendig ist, diese app zu installieren. Wissen Sie aber was? Bei mir ging das Nachdenken noch ein bisschen weiter: ich habe mich massiv geärgert, dass wir als Land auch an dieser Stelle leider sehr spät angefangen haben, die bereits erwähnte corona-warn-app dahingehend aufzupeppen, dass sie möglicherweise doch demnächst kann, was sie soll und was wir brauchen. Das ist das eigentlich ärgerliche in dieser Situation. Vielleicht wird es so kommen. Aber, auch das wieder, vielleicht zu spät.

Ich gehe davon aus, dass wir wirklich begreifen, was jetzt unbedingt sein muss: impfen, impfen und dann noch impfen. Und testen. Wir müssen alle mitmachen. Wirklich alle.

Damit wir nicht wieder viel zu viele schwer kranke Menschen erleben, Sterbende zumal. Damit wir Kindern eine echte Chance geben, die nicht immer wieder enttäuscht wird. Damit wir Eltern entlasten können. Damit wir den Unternehmen im Land eine Öffnungsperspektive geben können. Damit wir Künstlerinnen und Künstler wieder erleben dürfen. Damit wir nach und nach all das wieder tun und erleben können, was zu einem erfüllten Leben gehört. Und berechtigte Hoffnungen nicht enttäuschen.