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Rede im Landtag: Haushalt 2022 - Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucher*innenschutz

Herr Vizepräsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Liebe Mitmenschen in Brandenburg!

Herr Nothing, es ist eine derartige Unverschämtheit, dass Sie es wagen, hier so etwas zu sagen wie, dass es „normale“ Frauen gebe, die sich nicht auf die Straße trauen, und dann gebe es lesbische Frauen. Das ist eine Unverschämtheit und ich verwahre mich eindeutig gegen so etwas! Ehrlich gesagt, Sie reden unaufhörlich - ich weiß gar nicht, wer Ihnen die vielen komplizierten Worte aufgeschrieben hat - von Ideologien und davon, wie schrecklich dieser Haushalt ist. In der Sekunde weiß ich, dass wir einiges richtig gemacht haben. Vielen Dank!

Dass es ein ziemlicher Kampf werden würde, diesen Haushalt für 2022 aufs Papier zu bringen, war eigentlich schon klar, als das Jahr 2021 begonnen hatte und die zusätzlichen Mittel ins beinahe Unendliche zu wachsen begannen, die aufgrund ziemlich unvorhersehbarer Ereignisse - nennen wir es so - nötig wurden. Vor allem Corona, ASP, Geflügelpest usw. betrafen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz besonders stark; die möchte ich hier einmal ganz ausdrücklich erwähnen. Im vergangenen Jahr - das weiß ich noch - habe ich Ihnen allen dafür gedankt, dass Sie durchhalten - ehrlich gesagt, in der Hoffnung, dass dieses Jahr ein bisschen leichter werden würde, was es nicht wurde. Deshalb: So sehr berechtigt manche kritische Nachfrage zu dem einen oder anderen auch ist, ich danke sehr dafür und bitte die Ministerin, das mit ins Haus zu nehmen, dass weiter durchgehalten wird. Viel mehr ist es an mancher anderen Stelle inzwischen nicht mehr; die Kräfte sind erschöpft. Vielen Dank!

Auch die sagenhaften Summen, die allein für die Bekämpfung der ASP ausgegeben werden müssen - und ein Ende ist auch da nicht wirklich in Sicht -, sprengen jeden Haushalt und binden personelle Ressourcen. Es muss aber gemacht werden und es wird gemacht, mal abgesehen davon - die Bemerkung sei mir an dieser Stelle gestattet -, dass ich nach wie vor nicht so ganz verstehe, wieso eigentlich Brandenburg sämtliche Kosten trägt, wiewohl es ja darum geht, dass die Verbreitung in andere Bundesländer aufgehalten wird. Um Zuschüsse wird gekämpft. Für mich ist das nach wie vor unverständlich.

Ein Wort oder auch zwei zu dieser Besonderheit, die den Haushalt des MSGIV, der auf den ersten Blick mit seinen etwa 1,4 Milliarden Euro so gigantisch groß wirkt, von anderen unterscheidet, und zwar massiv: Es kam die nachvollziehbare Aufforderung, etwa 7 % Sparpotenziale aufzuspüren. Okay. Es ist nur leider bei ungefähr 90 % dieser sagenhaften Summe unmöglich, weil sie durch bundesgesetzliche Aufgaben, die schlicht erfüllt werden müssen, gebunden ist. Da gibt es keine Chance, irgend-etwas umzuschichten oder gar einzusparen. Ergo musste exakt bei den Ausgaben, die den Zusammenhalt in diesem Land betreffen, gesucht werden, um dort zu sparen. Bei zwangsläufig so schmerzhaften Einschnitten bei der sozialen Infrastruktur stehen nicht nur mir, liebe Bettina, Schweißperlen auf der Stirn. Denn es geht bei jeder einzelnen Position im Haushalt um Hilfe für die, die sie dringend brauchen. Es geht um den Schutz derer, die ihn dringend brauchen, um Teilhabe, um Gleichberechtigung, um all das, was Ungerechtigkeiten zumindest ein wenig ausgleichen kann. Es geht um Gelder für das Fundament, auf dem sich selbstbestimmtes Leben in seinen vielfältigen Formen entwickeln kann. All das sind die berühmten freiwilligen Leistungen - ulkiges Wort in dem Zusammenhang übrigens.

Vielleicht wird sich im Bund in den kommenden Jahren an dieser Stelle noch einiges verändern. Ich habe Hoffnung. Vielleicht werden bestimmte Aufgaben doch irgendwann zu bundesgesetzlich geregelten pflichtigen Aufgaben und damit auch finanziell auf sichere Füße gestellt. Wünschen würde ich mir das zum Beispiel für Frauenhäuser. Immerhin: Es gibt das Bundesprogramm, das vom Land kofinanziert werden muss. Und weil es geradezu verrückt wäre, das nicht zu tun, bin ich extrem froh, dass die Kofinanzierung durch das Land gesichert ist.

Für das kommende Jahr ist auch - ich erwähne es gerne - der Hebammenaktionsplan gesichert - ein ganz wichtiges Signal an die Hebammen und die Familien, die sich für Nachwuchs entscheiden wollen oder schon entschieden haben. Das muss man irgendwie auch einmal ins Land tragen, wie ich finde.

Ich könnte jetzt auf viele einzelne Punkte eingehen. Einige meiner Vorrednerinnen und Vorredner haben einiges schon angesprochen, das wiederhole ich nicht. Es ist schwierig gewesen und es war wahrlich kein Spaziergang, viele Dinge zu erhalten. Aber lange Gespräche, immer wieder, immer noch einmal von vorne, das akribische Suchen nach Möglichkeiten und dann wieder neues Reden und Überlegen, hat für mich an ganz entscheidenden Punkten zum gemeinsamen Erfolg geführt, liebe Bettina Fortunato. Darauf bestehe ich. Es ist nicht so, dass irgendeiner von uns hier wahnsinnig überredet werden musste, sich Gedanken zu machen. Ich nenne beispielhaft einige Dinge, die im Haushalt keine Riesensummen ausmachen, aber ungeheuer viel erreichen.

Der Verbraucherschutz ist erwähnt worden, queere Projekte sind erwähnt worden, Familienberatung, Zuschüsse an freie Träger generell, die Beratungsstelle bei der Landesintegrationsbeauftragten und einiges mehr. Und dann das sozialpolitische Projekt dieser Koalition - und Herr Kretschmer, es bleibt das große Projekt der Koalition -: der Pakt für Pflege. Brandenburg hat vor anderen erkannt, dass da ganz viel getan werden muss: für Pflegende, Professionelle und Familien, für zu Pflegende, für die Ausbildung. Deshalb der Pakt mit seinen vier Säulen, der sich ganz ausdrücklich an die Menschen vor Ort wendet. In diesem Jahr sind die Richtlinien in Kraft getreten und es geht los.

Liebe Roswitha Schier, ich kann die Sorgen verstehen. Aber ich war gerade in der Uckermark unterwegs. Da haben sich Kommunen zusammengetan, um so viel wie möglich vor Ort auf den Weg zu bringen. Insgesamt hat sich inzwischen ein Drittel der anspruchsberechtigten Kommunen mit Anträgen gezeigt. Also: Es geht los! Es hat für 2022 eine Kürzung gegeben, die wehtut. Aber es gibt in diesem Bereich keine Kürzung, die nicht wehtut. Ich möchte aber hier schon einmal vorsichtshalber ansagen: Dieser Pakt für Pflege ist nichts, was über Nacht und sofort Schlagzeilen macht. Hier geht es um Langfristigkeit, um Nachhaltigkeit, um Tagfähigkeit, um zu schaffende Strukturen. Wir haben gerade einen Prozess begonnen, der zuverlässig weitergehen muss. Ich kündige hier schon einmal an: Wer immer den Gedanken hegt, bei dieser Haushaltsposition wäre im kommenden Jahr vielleicht noch etwas zu holen - es gibt nur eines, was sich jeder Einzelne hier sparen kann: diesen Gedanken, bitte. Das will ich hier schon einmal gesagt haben.

Apropos Nachhaltigkeit und langer Atem - auch zutreffende Attribute in Bezug auf ein Thema, das auch Ministerin Ursula Nonnemacher ein enorm wichtiges Anliegen ist -: die Integration, eine Aufgabe, zu der sich die Koalition im Koalitionsvertrag ausdrücklich bekennt. Also alles kein Problem, könnte man denken; darüber muss nicht weiter geredet werden, könnte man denken. Wenn Sie sich bitte daran erinnern: Im vergangenen Jahr gab es schon lauter Stellungnahmen zu diesem Thema. Ich habe sie mir alle noch einmal angeschaut. Tenor: Unbedingt weiterführen - wobei, nur für ein Jahr, das ist eigentlich viel zu wenig gesicherte Perspektive für diese wichtige Arbeit. 2021 wurde dann erst einmal mit Integrationspauschale und Migrationssozialarbeit II weiter finanziert. Dass es damit für das kommende Jahr so schwer werden würde, hätte ich zunächst nicht vermutet. Aber es kam so. Und in der Tat, ich neige nicht zu diesen Dankesorgien, aber in diesem Falle muss ich es ausdrücklich tun. Ich danke ganz ausdrücklich allen, die um diese Position, hier in diesem Hause, bei der Ministerin, bei der Integrationsbeauftragten - deren Beratungsstelle auch weiter existiert -, bei Initiativen, bei Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern und bei vielen, vielen anderen gekämpft haben. Das ist gemeinsam geschafft worden und darüber bin ich unendlich froh.

Als diese Botschaft - ich weiß es noch genau - öffentlich gemacht wurde, war ich gerade in Cottbus, bei denen, die mit diesen Geldern sehr erfolgreich ganz praktisch für Integration sorgen. Ich konnte sie hören, die tonnenschweren Steine, die herunterplumpsten, die Erleichterung, Fachkräfte halten zu können. Wir wissen, dass der zu leistende Eigenanteil bei der Integrationspauschale ein Problem ist. Aber ich glaube, fast noch wichtiger ist, dass die Mittel für drei Jahre festgeschrieben sind. Das gibt Planungssicherheit und das ist allen besonders wichtig.

Es ist viel gelungen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass eben nicht alles weitergeführt wird, dass Entscheidungen getroffen werden mussten - siehe Sparvorgaben. Das ist nie leicht, das macht niemand mit leichter Hand. Stichworte mögen genügen, die Kinderwunschbehandlung ist angesprochen worden, wo auch jedes Land so ein bissel was anderes macht - ob das nun gerecht ist, verehrter Kollege, weiß ich nicht. Es ist aber kein vergessenes Thema. Und jetzt kommt wieder einmal der Koalitionsvertrag im Bund zum Tragen. Der macht Hoffnung, auch an dieser Stelle. Es ist eine bundesseitige Ausweitung der Förderung geplant. - Herr Galau, noch einmal extra für Sie: übrigens auch für lesbische Paare. - Freiwillige Leistungen - wie gesagt, ich halte das Wort für einigermaßen irreführend, aber so heißt es nun mal - sind unverzichtbar für gutes Zusammenleben in Brandenburg, der Alten mit den Jungen, der hier Geborenen mit neu Hinzugekommenen - übrigens völlig egal, woher sie kommen und warum. Es geht um Menschen, die Hilfe brauchen, um früher oder später oder erstmals auf eigenen Füßen stehen und gehen zu können. Es geht darum, Chancen zu eröffnen. All das ist dankenswerterweise und glücklicherweise im Haushaltsplan des MSGIV wiederzufinden. Und das ist ein Erfolg.

- Ich bitte um Zustimmung.